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Pflege 2030 auf dem #9 CODY innovation hub in Berlin: „Ich wünsche mir, dass wir die Sektoren im Gesundheitswesen endlich aufbrechen und anfangen, gemeinsam neue Konzepte zu entwickeln.“

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Wie kann die Gesundheitsversorgung im Jahr 2030 aussehen? Darüber diskutieren die BesucherInnen des neunten CODY innovation hub in Berlin gemeinsam mit VertreterInnen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Im Fokus der diesjährigen Veranstaltung steht dabei insbesondere die Integration von pflegenden An- und Zugehörigen. Christoph Jaschke, CEO & Founder von CODY.care und Mitgründer des CODY innovation hub, sieht in Kombinationsmodellen große Chancen für die Pflege. Gerade in Hinblick auf den Fachkräfte- und Personalmangel ist es aus seiner Sicht zwingend notwendig, bestehende Strukturen im Healthcare-Sektor aufzubrechen und bereichsübergreifend gemeinsam neue Konzepte zu entwickeln, um die pflegerische Versorgung auch in Zukunft zu sichern. Im Gespräch mit MEDIFOX DAN gibt er erste Einblicke in die Agenda und teilt seine Perspektive, wie die Branche von der Integration pflegender Angehöriger profitieren kann und welche Lösungen jetzt dafür geschaffen werden müssen.

 

Christoph, bereits zum neunten Mal findet der CODY innovation hub statt und bringt PolitikerInnen, WissenschaftlerInnen, UserInnen und UnternehmerInnen unter dem Motto „Gesundheitsversorgung 2030“ in Berlin zusammen. Lass uns gemeinsam einen Schritt zurückgehen, bevor wir über die diesjährige Agenda sprechen: Was genau ist der CODY innovation hub und warum habt Ihr Euch dafür entschieden, das Format zu gründen?

Christoph Jaschke: CODY wurde als Unternehmen vor zwei Jahren mit der Intention gegründet, den Bereich Healthcare stärker zu vernetzen. Wir haben schnell gemerkt, dass der persönliche Austausch dafür unabdingbar ist. Gemeinsam mit Alexander Schwandt ist so die Idee für den CODY innovation hub entstanden. Hier möchten wir die Akteure verschiedenster Sektoren zusammenbringen und über branchenrelevante Themen diskutieren. Für uns sind das immer spannende Sessions, aus denen wir gute Gespräche und Visionen für die Zukunft mitnehmen können. Am 26. Juni kommen wir bereits zum neunten Mal zusammen und haben auch in diesem Jahr ein ganz spezielles Fokusthema mitgebracht: die Integration von pflegenden An- und Zugehörigen.

 

Wie Du bereits erwähnt hast, stehen in diesem Jahr vor allem die pflegenden An- und Zugehörigen im Fokus der Veranstaltung. Warum ist die Integration genau dieser Gruppe heute so relevant für die Branche?

Christoph Jaschke: Ich denke, dass die Integration eigentlich schon immer relevant gewesen ist. Das große Thema ist heute vielmehr, sich darüber klar zu werden, wer in Deutschland eigentlich pflegt. In anderen Ländern ist das deutlich sichtbarer, denn dort gibt es meist keine pflegerische Grundversorgung im klassischen Sinne. Während in der stationären Versorgung und in den Krankenhäusern die medizinischen Leistungen erbracht werden, wird die Pflege selbst von den An- und Zugehörigen geleistet. Wenn man sich überlegt, dass auch in Deutschland schon heute über sechs Millionen Menschen Pflegeleistungen als An- und Zugehörige Pflege erbringen, dann ist diese Gruppe sechsmal so groß wie die der berufstätigen Pflegekräfte. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräfte- und Personalmangels ist es daher umso wichtiger, die pflegenden An- und Zugehörigen nicht nur wahrzunehmen, sondern auch neue Konzepte zu entwickeln, wie wir diese beiden Gruppen zusammenbringen können. Mit einer Veranstaltung wie dem CODY innovation hub möchten wir den Grundstein für neue Ideen legen, wie wir die Gesundheitsversorgung neu denken können. Mit MEDIFOX DAN haben wir von Beginn an einen Partner mit an Bord, der die besten Voraussetzungen dafür schafft, Innovationen voranzutreiben und zum Beispiel auch für die nicht-professionelle Pflege entlastende Lösungen zu schaffen.

 

Brigitte Bührlen hat die pflegenden An- und Zugehörigen im Podcast PflegeFaktisch als „der größte Pflegedienst Deutschlands“ bezeichnet. Nun ist Pflege eine verantwortungsvolle Aufgabe, für deren Erfüllung fachliche Kompetenzen zwingend notwendig sind. Wie hoch ist der Pflegeanteil, der schon heute von nicht-professionell Pflegenden übernommen wird und inwieweit werden Angehörige/Nachbarn/Ehrenamtliche bei der Erfüllung dieser verantwortungsvollen Rolle unterstützt?

Christoph Jaschke: Fakt ist, dass die wenigsten Menschen wissen, an wen sie sich in pflegerischen Fragen wenden können. Die Situation ist in vielen Regionen wirklich erschreckend, vor allem in Hinblick auf die Wartezeiten. Im betreuten Wohnen sprechen wir hier von bis zu acht Monaten und bei der stationären Aufnahme sogar von bis zu drei Jahren. Doch so lange können die meisten Menschen nicht warten. Umso wichtiger ist es, Informationen für pflegende An- und Zugehörige verfügbar zu machen und das professionell aufbereitet. Es gibt unglaublich viele Webseiten, wo man als Pflegender nach nur wenigen Minuten verzweifelt, weil man nicht das findet, wonach man sucht. Dabei leben wir heute eigentlich einer Zeit, in der man digitale Tools als maßgeschneiderte Produkte fast „aus dem Regal“ bekommt und in der alles „ultra-smart“ sein muss. Darüber hinaus müssen die Informationen für wirklich jeden zugänglich sein, denn wir vergessen häufig, dass Pflege kein Alter hat. Sie kann mit achtzig Jahren beginnen, aber auch mit acht Tagen. Daher brauchen wir dringend Lösungen, vor allem digitale Lösungen, die Pflege einfacher machen. Jedoch komme ich auch zu der Erkenntnis, dass neben der ganzen Technologie ein persönliches Gespräch zwischen Menschen weiterhin ein wichtiges Werkzeug ist, denn Pflege hat für viele eben auch mit Scham zu tun.

 

Dennoch beherrschen Trends wie Künstliche Intelligenz oder digitales Lernen die unterschiedlichsten Branchen und führen zu Veränderungen. Daher sind unter anderem genau diese Themen ebenfalls auf der Agenda des neunten CODY innovation hub zu finden. Kannst Du uns bereits einen Ausblick auf das diesjährige Programm geben?

Christoph Jaschke: In diesem Jahr dürfen wir unter anderem Brigitte Bührlen in Berlin begrüßen, die über die Erfahrungskompetenz pflegender Angehöriger spricht und eine spannende Sozialraum-Studie mitgebracht hat. Besonders freue ich mich außerdem auf Professor Dr. Wolfgang George, der als Organisationswissenschaftler, Psychologe und Spezialist im Bereich der Krankenpflege wirklich alle Kompetenzen vereint und über die regionale Gesundheitsversorgung als Antwort oder auch Reaktion auf das Anthropozän sprechen wird. Aber auch Dr. Dustin Feld, Co-Founder von adiutaByte und Head of Technology Innovation bei MEDIFOX DAN, ist als echter KI-Spezialist mit an Bord sowie Dr. Alexander Schwandt, der den CODY innovation hub gemeinsam mit mir moderieren wird. Als Speaker wird er über das Thema e-Learning sprechen. Zudem haben wir uns bemüht, auch PolitikerInnen für den innovation hub zu begeistern und konnten mit Kordula Schulz-Asche und Claudia Moll zwei bekannte Stimmen für uns gewinnen.

 

Nun haben wir über die Rolle der pflegenden Angehörigen gesprochen und inwiefern sich diese wandelt. Was bedeutet dieser Wandel für professionell Pflegende und wie reagieren Pflegedienste und Einrichtungen auf diese Veränderungen?

Christoph Jaschke: Nehmen wir zum Beispiel die Intensivversorgung. Wenn ein Mitarbeitender krank wird oder man einen neuen Klienten für die Versorgung übernehmen möchte, fehlt in er Regel das nötige Personal. Nun könnte man natürlich überlegen, die An- und Zugehörigen stärker zu empowern und für bestimmte pflegerische Tätigkeiten auszubilden. Ich denke, dass sich solche Kombinationsmodelle in Zukunft verstärkt etablieren werden, denn eine ganztägige Betreuung und Pflege wird in den seltensten Fällen noch möglich sein. Hier ist die Frage, wie man mit der Ressource Familie und Freunde umgeht, ob man diese in den Pflegealltag integriert und natürlich auch entsprechend bezahlt. Solche kooperativen Modelle sind schon heute in einigen Einrichtungen zu beobachten.

 

Der neunte CODY innovation hub steht ganz im Zeichen des Mottos „Gesundheitsversorgung 2030“. Ist die Integration der pflegenden An- und Zugehörigen aus Deiner Sicht auch eine Chance, Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel erfolgreich entgegenzuwirken und eine ganzheitliche Versorgung von Pflegebedürftigen zu sichern?

Christoph Jaschke: Die meisten Pflegekräfte und ÄrztInnen, die ich kenne, klagen alle darüber, dass Sie zu wenig Zeit und zu viel Arbeit haben. Das ist natürlich ein wahnsinniger Stress im Alltag und viele haben dadurch das Gefühl, ihren Job nicht richtig erfüllen zu können. Wenn ich also mehr Zeit schaffe, indem ich die Ressource Familie und andere Zugehörige einbeziehe, wird die Pflege unweigerlich besser. Natürlich bringt jede Pflegekraft ihre Kompetenzen mit, aber viele Tätigkeiten sind keine Raketenwissenschaft und wenn ich diese auf mehrere Schultern verteilen kann, ist viel gewonnen. Zudem muss die seelische Gesundheit von professionell Pflegenden aber auch den pflegenden Zu- und Angehörigen viel mehr Beachtung finden und die entsprechenden Angebote zur Unterstützung geschaffen werden. Denn im Laufe meiner beruflichen Laufbahn habe ich so viele Menschen kennengelernt, die ihre Angehörigen so lange gepflegt haben, bis sie selbst ein Pflegefall waren. Das kann nicht die Lösung sein.

 

Es bleibt also noch viel Raum für neue, innovative Lösungen. Wie sieht die Gesundheitsversorgung 2030 für Dich ganz persönlich aus?

Christoph Jaschke: Für 2030 wünsche ich mir, dass wir die Sektoren im Gesundheitswesen endlich aufbrechen und anfangen, gemeinsam Konzepte zu entwickeln und Bestehendes neu zu denken. Eine strikte Abgrenzung der einzelnen Tätigkeitsfelder ist heute einfach nicht mehr zeitgemäß. Die großen Konzerne dieser Welt haben das bereits erkannt und denken schon lange völlig anders. Die Pflege hingegen ist überreglementiert und reguliert. Man hat den Eindruck, die Menschen versinken so in Arbeit, dass man gar nicht dazu kommt, aus den alten Strukturen auszubrechen. In der Digitalisierung des Healthcare-Sektors sind wir Lichtjahre von anderen Ländern entfernt, ob beim Thema e-Rezept, ePA oder entsprechender Apps. Hier besteht aus meiner Sicht noch viel Entwicklungspotenzial.

 

Umso wichtiger, dass Ihr mit dem CODY innovation hub eine Plattform schafft, genau diese Themen gemeinsam voranzubringen. Wir sind gespannt auf die kommende Veranstaltung am 26. Juni und welche Ideen Ihr aus dem gemeinsamen Austausch mitnehmen könnt. Dabei ist es Euch ein besonderes Anliegen, vor allem mit den An- und Zugehörigen ins Gespräch zu kommen. So habt Ihr in diesem Jahr ein exklusives Angebot mitgebracht: Denn pflegende An- und Zugehörige haben die Möglichkeit, unter Eingabe des Aktionscodes AN-UND-ZUGEHOERIGE kostenlos am neunten CODY innovation hub teilzunehmen. Vielen Dank für die erste Preview zum Event und das Gespräch, Christoph!


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